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Lausitzer Rundschau 17.11.2000
Unikum mit Zeichenstift - Der Grafiker Meinhard Bärmich stellt ab Sonnabend auf Gut Geisendorf aus
Von Klaus TRENDE
Foto: Michael Helbig
Er ist der lachende Mann mit dem Zeichenstift. Einer der intelligentesten Stylisten des pulsierenden Lebens und Spaßmacher in der grafischen Arena, zumindest des Landes Brandenburg. Die Begegnungs- und Informationsstätte der Laubag, Gut Geisendorf (Neupetershain), präsentiert einen Überblick über das grafische Werk von Meinhard Bärmich aus den achtziger und neunziger Jahren. Eine Summe aus Zeichnungen, freier Grafik, Theaterplakaten für die Neue Bühne Senftenberg und einer kleinen Kollektion Fotos. Die Ausstellung zeigt den Künstler in einer bezwingenden Vielfalt schöpferischen Spiels. Denn darum handelt es sich bei (s)einer Kunst immer.Wir können es auch anders machen - so heißt ein geflügelter Satz von Meinhard Bärmich. Ständig hat der Mann neue Ideen. Deshalb wirken seine Bilder wohl so grimmiglieb und bunt-chaotisch, heiter-ernst und listig-schlau. Der Cottbuser Grafiker ist ein Unikum in der Brandenburgischen Kunstszene.
Will man sein bisheriges Werk auf eine Formel bringen, dann treffen "Lebendigkeit und prachtvolle Ironie" am besten. Kein Zynismus - das ist etwas anderes und Bärmich fremd. Er zerstört nie, sondern baut auf mit seinen Bildern, pflügt die Gedanken um, entdeckt unter den Farben des Alltags das Leuchten. Das wird einem allerdings nur möglich, wenn man das Leben von oben und unten kennt. Meinhard Bärmich ist so einer. Fast mühelos scheinen sein Strich, seine Szenen, Sinnbilder, provozierenden Gesten, geschichtlichen Verweise. Er tut auf dem Papier so, als sei er mit allem, was ihn umgibt und was ihn nicht umgibt, verbunden. Und wahrscheinlich ist es auch so. Er ist der Jongleur mit dem kleinen Weltgeschehen, das Alltag heißt.
Tassen, Brüste, nackte Hintern, die Spaßorgien auf der Titanic, Leinöl und Quark als Spreewaldsignum, eine Demo mit all ihren skurrilen Gesichtern, Nathan der Weise, Elvis Presley oder Pension Schöller - Bärmich verarbeitet alles. Der universale grafische Zusammenhang. Ein Dialektiker mit Pinsel und Tusche, aber auch Pfeil und Bogen. Beispiel: das Plakat "Höher-Schneller-Weiter ... oder Wir sind das Volk". Eine Demo. Die Leute voller Elan, fast alle mit Orden am Rock, rote Nasen, nach vorne der stramme Schritt, und einem in der zweiten Reihe setzt er einen Kasperlehut auf. So ist Bärmich. In der Massenware "Mensch" auf einmal das Wesentliche wie ein Blitzlicht. Klasse! Und noch was: Der Künstler spart sich bei aller Ironie nie aus. Stets erscheint der bärtige Mann irgendwo im Gewimmel der Suchenden, bei der Demo, beim Anatevka-Blatt vom Fiedler auf dem Dach, im Aquarell "Heimweh" oder einfach beim "Nachtschwärmer" als Kater über die Felder ziehend. Das ist grafische Kunst mit Herz und Verstand. Überflüssig zu sagen, dass Bärmich keine erotische Gelegenheit auf dem Papier auslässt.
Die Schau bietet Beispiele dafür, was Grafikdesign heute leisten kann. Kommunikationsangebote mit Entdeckerlust, Sachverstand, optischer Raffinesse, handwerklicher Meisterschaft. Bärmichs Bilder kann man lieben oder ablehnen, aber sie lassen einen niemals kalt. Ohne Dialog oder Auseinandersetzung kommt man daran nicht vorbei. Das macht ihren großen Gewinn, und es hebt sie über den eigentlichen Anlass der Gestaltung hinaus.