sind große Themen seines Werks. Auf einem preisgekrönten Plakat für die Neue Bühne Senftenberg rammen sich Heinrich der Fünfte und sein Widersacher gegenseitig ihre Nasen durch den Schädel, auf einem anderen belauern sich die Geschlechtsteile von Paul und Paula wie fleischfressende Pflanzen. Eine Malerei zeigt Don Quichotte und Sancho Pansa als tapfer-schrulliges Gespann, das sich vor einer gaffenden Menge zum Affen macht. Harmlos und ohne Tücke geht es nie zu, wenn Meinhard Bärmich Menschliches und Allzumenschliches darstellt. Nur unter Tieren herrscht bei ihm reiner Frieden.
«Ich habe Angst vor dummen Menschen» , sagt er. «Da gehe ich lieber weg, als dass ich mich mit denen schlage.» Pöbeleien wegen seiner Barttracht sind dem Künstler nicht fremd. Manche mögen ihn für einen Wirrkopf halten, wenn er den Einkaufsbummel durch Ströbitz für Trimm-Dich-Einlagen nutzt. Ein Außenseiter» Bärmich sagt, er fühle sich wohl in menschlicher Gemeinschaft, nur hin und wieder müsse er sie abschütteln, wie ein Hund das Wasser aus seinem Fell.
Mit seiner Familie bewohnt der Lausitzer ein Häuschen in Drachhausen (Kreis Spree-Neiße). Die künstlerische Arbeit findet in seiner Ströbitzer «Junggesellenbude» statt. Das schmale Atelier ist voll von Bildern, gerahmt an der Wand oder in Nischen ordentlich aufgereiht.
Zu gut für diese Welt«
Wenn Meinhard Bärmich eine neue Arbeit beginnt, hat er Hemmungen, die «Unschuld» des weißen Papiers zu beflecken. Ist dieser Künstler zu zartfühlend, zu heilig für diese Welt» Zu DDR-Zeiten eckte er an, kam morgens zu spät zur Arbeit bei der staatlichen Werbeagentur Dewag, schmiss den dortigen Job als Gebrauchsgrafiker wegen zu viel Bevormundung. Einmal übernachtete er nach einem Zechgelage in einem Cottbuser Hotel (das war für Einheimische verboten!) und biss bei der Festnahme einem Polizisten in den Finger. In Bärmichs Stasi-Akte ist zu lesen, wie das MfS schnell aufgab, den Künstler als Zuträger zu werben. Er sei nicht geeignet für diese Aufgabe, zog sich der Angesprochene aus der Affäre.
Unangepasst: ja. Ein Rebell: nein. Bärmichs Illustrationen für Institutionen der sozialistischen Gesellschaft enthalten braven Humor. Auch heute ist der Grafiker in erster Linie Dienstleister. Selbst anrüchige Kunden sind mitunter willkommen. Vor Jahren dekorierte Meinhard Bärmich das Interieur eines Cottbuser Bordells mit einer erotischen Zeichnung. «Ich brauchte das Geld» , erzählt er. Sein Wandbild, das die Tiefgarage der Cottbuser Arbeitsagentur schmückt, sieht freilich nur auf den ersten Blick aus wie eine heiter-beschönigende Inszenierung dieser Behörde. Die Joblosen irren durch das Labyrinth der Bürokratie. Der Apparat bügelt sie platt.
Bescheiden und stolz
Meinhard Bärmich wollte sich nie glattmachen lassen. Anfang 1989, damals als Alleinstehender, setzte er sich bei einer Westreise in die Niederlande ab. Auslöser sei eine persönliche Krise gewesen, nicht so sehr Verdruss über das SED-Regime. Jenseits des Eisernen Vorhangs verteidigte der Flüchtling die Ideale des Sozialismus. Er hatte Gewissensbisse, weil er für die Genossen im Osten ein paar Arbeiten nicht mehr fertigstellen konnte. Und Heimweh!
«Gott hat mein Gebet erhört» , berichtet Meinhard Bärmich. Wenig später fiel die Mauer, der Künstler konnte in die Lausitz zurückkehren. Dort wurde er freundlich wieder aufgenommen selbst von den örtlichen Funktionären. «Das waren ja auch nur Menschen.»
Jetzt zürnt Bärmich über den Charakterwandel, den viele DDR-Bürger nach der Wende durchgemacht hätten. Früher habe es Nachbarschaftssolidarität gegeben. Man konnte die Haustür offen stehen lassen und sich Autos ausborgen. «Nun hat der Mob oft die Oberhand. Gier und Korruption herrschen. Vielleicht waren sie unter der Oberfläche vorher schon vorhanden.»
Meinhard Bärmich wirkt freundlich, bescheiden, demütig, fast naiv. Doch hinter diesen Eigenschaften stecken Stolz und Eigensinn. Er war zu stolz, sich um Bananen anzustellen, als die Konsumwelt ihre Verlockungen ausbreitete. Zu stolz zum Klinkenputzen für künstlerische Aufträge. Glücklicherweise trudeln diese von der Gestaltung eines Firmenlogos bis zur Fassadenmalerei in der Regel von selbst ein, sagt Bärmich. Schon als Kind hätten ihm Mitschüler Geld für seine Micky-Maus-Zeichnungen geboten. «Da habe ich gesehen, dass man als Freischaffender überleben kann.»
Diese Unabhängigkeit gibt ihm die Fähigkeit, sich die Zumutungen der Gesellschaft von Zeit zu Zeit aus dem Fell zu schütteln.
Felix Krömer
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