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Lausitzer Rundschau 29.07.1999
Bilder machen Lust auf Entdeckungen
Der Grafiker Meinhard Bärmich arbeitet an einem Wandbild für dieTiefgarage des Arbeitsamtes
Was geschieht in den Ateliers Cottbuser Künstler? Woran arbeiten sie? In unserer Reihe "Sommerwerkstatt" besuchten wir Meinhard Bärmich in seinem Atelier in der Sachsendorfer Straße.

Theaterplakate ziehen in Meinhard Bärmichs Atelier in der Sachsendorfer Straße sofort die Blicke auf sich. Seit einem Jahr ist der Cottbuser Künstler Theatergrafiker an der Neuen Bühne Senftenberg. "Sie geben ihr Herzblut hin", sagt er über das Ensemble, das unter schwierigen Bedingungen mit einem vielseitigen Programm für Kinder und Erwachsene immer wieder für ein volles Haus sorgt. Gerade bei den Plakaten zu Kinderstücken und Revuen spielt der Künstler auf der ganzen Klaviatur der für ihn typischen Mittel. Ob "Mein verrückter Großvater" oder "Ritter Kamenbert" - die Plakate rnachen mit hintersinnigem Humor Lust auf Entdeckungen.

Da werden auch ernstere Töne angeschlagen: in der Fotomontage zu "Geschichten aus dem Wiener Wald" beispielsweise oder im Plakat zu Lessings "Nathan", in klarem Gelb-Schwarz gehalten und beschränkt auf die Symbole der drei Weltreligionen. Wer hier nach dem für Bärmichs Bilder typischen Spielerischen sucht, wird nicht fündig.

(Foto: Jürgen Kaffka)
Der Künstler geht neue Wege. Bärmich dazu: "Ich möchte künftig klarer arbeiten."Plakate seien "das Sahnehäubchen", sagt der Künstler. Die Ausbeute an Sahnehäubchen im ersten Jahr ist beeindruckend: Neben neun Neuinszenierungen stehen Plakate für die Wiederaufnahmen. Hinzu kommen Programmhefte, Werbefahnen und bald auch eine Großplastik, die an einem Durchgang in der Senftenberger Bahnhofstraße ihren Platz finden soll. Das von Meinhard Bärmich entwickelte neue Theaterlogo wird sich dort ebenso wiederfinden wie verschiedene Symbole, die neugierig machen sollen auf das, was in der Neuen Bühne geschieht. Das neue Logo lockt mit einer Anspielung auf die klassische Theatermaske, mit Weinen und Lachen. "Beides ist doch in einem selbst", weiß der Künstler.

Die bisher größte Arbeit des Grafikers wird im Frühherbst in der Tiefgarage des neuen Cottbuser Arbeitsamtes entstehen. Meinhard Bännich hat den Auftrag bekommen, weil sein Wandbild in der Bahnhofstraße dem Arbeitsamts-Bau hatte weichen müssen.

Für den Künstler bot sich die Gelegenheit, sich kritisch zum Thema zu äußern. Obwohl die Entwürfe ein Jahr in Nürnberg gelegen hätten, seien sie, so Bärmich, " dann doch in ihrer oft grotesken Schärfe bestätigt worden". Zwar verschwinde das rund 30 Meter lange Wandbild in der Tiefgarage. Doch zwei Bilder an der Einfahrt werden auch für Passanten nicht zu übersehen sein.
"Da möcht' ich alles reinpacken an Form und Inhalt, was ich bisher erlebt habe", sagt der Künstler über sein Projekt. Das Arbeitsamt sei für ihn "ein absurdes Denkmal für Arbeitslosigkeit, wie so ein Tempel". Sein Standort mitten in der Stadt und seine Größe demonstrierten, daß das Problem eher noch größer werde. Mit der geplanten Bilderfolge hält der Grafiker der Gesellschaft den Spiegel vor. Da werden Menschen zum Knäuel, da muß der einzelne sich zerteilen, kriechen oder ist in einer Spirale gefangen. Und das Verläßlichste, so symbolisiert ein Bild, sei dann immer noch die Liebe. Doch ganz so ernst nimmt Bärmich das alles nicht. Da ist immer ein Augenzwinkern. Und die Aufforderung, das Leben mal einfach als Spiel zu betrachten, die Ermunterung, neugierig zu bleiben auf das Schöne, das es jeden Tag zu sehen gibt.
Der 47jährige will in diesem Sommer trotz aller Arbeit seinem anderthalbjährigen Sohn Johan das Meer zeigen. Er hat für sich die wirklich wichtigen Dinge gefunden. "Das sind Arbeit, Familie, Gesundheit und daß man einen Ort hat." Meinhard Bärmich hat gar drei Orte: das Atelier in Cottbus, das Theater in Senftenberg und das Zuhause in Drachhausen, wo er sich wohlfühlt und wo er beim Dorffest mit seiner Mannschaft den 2. Platz im Fußballturnier geschafft hat. Wem dort der Name des Künstlers nicht gleich einfällt, der nennt ihn einfach "Otti". Bärmich, der Schöpfer des gleichnamigen Bugamaskottchens.
Die Phantasie, die ihn immer wieder neue Formen erfinden läßt, sei nichts Besonderes, meint er. Viele Menschen hätten ebensoviel Phantasie, bei den meisten sei sie nur "zugeschüttet durch einseitige Arbeit". Wichtig sei, daß man beobachte, daß man Zeit habe für die kleinen Dinge am Rande. Zwischen Schwarz und Weiß, zwischen Tag und Nacht liegt das eigentlich Interessante, weiß Meinhard Bärmich.

Ulrike Elsner